Leitsatz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Wir bezeugen Jesus Christus in der Welt. Die evangelische Kirche lädt alle Menschen ein, Gottes Absicht mit seiner Welt (missio dei) zu entdecken und mit Leben zu füllen. Die Identität unserer Gemeinschaft liegt darin, dass wir Gottes Versöhnung in Jesus Christus annehmen, ihm ‚mit Herzen, Mund und Händen‘ danken und die Schwachen und Bedrückten in den Mittelpunkt stellen. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden (1 Tim 2,4). Die Kräfte und Möglichkeiten der Kirche als einer menschlichen Einrichtung bleiben dabei begrenzt. Aber weil uns die Liebe Gottes drängt, geben wir in Wort und Tat Gottes Liebe weiter, gemeinsam mit der Diakonie und auch mit Partnern außerhalb der Kirche. Weil wir seinem Evangelium vertrauen, bezeugen wir seine Gegenwart und laden zum Glauben ein.
Meine Gedanken
1) Gesichtspunkte
„Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich Euch“ (Johannes 20,21). So sagt es Jesus, so begründet sich Mission. Sie ist Pulsschlag der Kirche und nicht ein „Nice to have“ oder gar ein „No more to have“. Je mehr das Anliegen der überzeugten gewinnenden Weitergabe unseres innersten Anliegens aus irgendwelchen Gründen diffundiert, desto mehr holen es andere zurück und besetzen dieses Thema – und sind voll von Vision und Mission. Anstatt in der Streaming- und Kinowelt und in der Betriebswirtschaft hat es aber viel besser seinen Platz bei uns – wo es erfunden wurde. Eine Geisteserfindung. Denn so wurden aus Angsthasen Jünger, aus trauernden Frauen Christusbekennerinnen, aus Eingeschlossenen überzeugt Rausgehende.
Wie aber kann Mission aktuell und in Zukunft aussehen – denn dass sie auf der einen Seite mit höchstem Respekt vor dem Gegenüber und Interesse am gemeinsamen Leben teilen geschieht und auf der anderen Seite immer wieder in neuen Formen das „Gehet hin“ auskundschaften muss, versteht sich eigentlich von selbst,. Überholt aber wird sie nie sein.
2) Folgerungen
Was aber gibt es dann jetzt zu tun?
a) Die Einladung zur persönlichen Lebensumkehr
Gott versöhnte die Welt mich selbst – so benennt Paulus die geschenkte Versöhnung durch Gott (2. Korinther 5,19). Und gerade auf diesem Hintergrund geht es dann weiter: so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst Euch versöhnen mit Gott (2. Korinther 5,20). In tausend und einer Form kann dies immer wieder und immer neu gesagt, beschrieben, aufgezeigt und dazu eingeladen werden – Hauptsache es geschieht. Zu 99 Prozent handelt es sich dabei auch um einen Prozess, der durchaus über lange Zeit und mit vielen Umwegen geschehen kann (manchmal eine ganze Kindheit und Jugend lang mit Kita, Kinderchor, Jungschar und Reli, Kinderkirche und Konfis, Teenietreff und Kibiwo und Waldheim – warum denn nicht), so spielt das Leben – aber es ist mit einer inneren Lebenswende und Zuwendung zu Gott verbunden. Das ist Fakt. Wir sprechen also immer wieder neu eine Bitte aus, mit großer, großer Achtung. Aber eben auch überzeugt erzählt ein Bettler dem anderen, wo es guut zu essen gibt.
b) Glaubenskurse
Wer glauben kann, braucht Wissen drum – und vor allem die Begegnung. Deshalb braucht es Gesprächsforen, Infoinputs – und vor allem Raum zur Begegnung und auch Zeit, die wir miteinander teilen. Solche Angebote auf Zeit helfen da ungemein. Und vielfältig sind die Möglichkeiten, Menschen mit auf so einen Weg des Glaubens auf Zeit zu nehmen. Besonders für die religiös sich selber als sehr unmusikalisch Ansehenden sind diese Angebote gerne hilfreich – Basics über Gott, Jesus, Kirche und Kirchenjahr, Gebet, Bibel, Glaube, Liebe und Hoffnung zu erleben – das kann motivieren, sich Gott persönlich enger zuzuwenden. Immer mal, nach Möglichkeit, einen solchen Ballon zu starten, ist eine besondere Chance der Gemeinderarbeit im missionarischen Bereich – damit es statistisch gesehen deutlich mehr werden als ca. 10% der Gemeinden, die das seither immer mal in den Blick nehmen.
c) Freundschaften
„Komm und sieh“ – so erleben Menschen im 1. Kapitel des Johannesevangeliums, was es mit dem Glauben an Jesus Christus auf sich hat. Deswegen predigen wir Christus ständig – und wenn es unbedingt sein muss, dann auch mit Worten. Ansonsten sind wir einfach, wie und wer wir sind. Und leben mit, dort wo Menschen leben. Wir gestalten auch keine Freundschaften auf Absicht, sondern wir leben Freundschaften, ohne das, was uns wirklich wichtig ist, dort außen vor zu lassen. Wir hausieren nicht, aber in unserer Lebenswelt spielt der Glaube eine Rolle, denn wes das Herz voll ist … Und vor allem eins machen wir nicht: den Wert unserer Freunschaft vom „Erfolg“ einer Mission abhängig. Freundschaft geschieht nicht unter der Bedingung, dass ein Mensch sich irgendwann dann auch Gott zuzuwenden hat – sondern sie sucht die gegenseitige Bereicherung durch das Gegenüber.
d) Haus- und Gesprächskreise
Neben den Glaubenskursen und den Freundschaften hat sich die peer Group als Ort des persönlichen Vertrauens immer neu etabliert und auch bewährt. In solchen Gesprächskreisen können geistliche Erfahrungen und Beziehungen wachsen. Menschen sind dort, wenn es passt, echt. Mit einem weiten Herzen gewinnen sie Motivation, ihren Glauben in aller Geduld zu teilen, persönliche Zweifel und Erfahrungen auszusprechen. Und gemeinsam wird Bibel erlebt und Gemeinschaft erfahren. Dies miteinander zu verschränken hilft, dem Haus- und Gesprächskreis eine dafür hilfreiche Struktur zu geben: Ankommen (Erfahrungen erzählen), Aufschlagen (Bibelabschnitt lesen), Auslegen (Erklärungen), Austauschen (offenes Bibelgespräch), Anwenden (exemplarisch auf eine oder mehrere Situationen aus der Eingangsphase).
e) Projekte und Treffen
Gemeinschaft auf Zeit – und einmal nochmal der ganz andere, der mir erzählt, worauf er vertraut und den ich fragen und genau beobachten kann – das ist ein entscheidender Anstoß. Und dann geschieht Mission – in der Zeltkirche und auf Freizeiten, bei Pro Christ, Hoffnungsfesten und beim Christival, in Jugendtreffs und der Konfiarbeit.
f) Noch mal ganz andere Ansätze und Ideen
Mission geschieht immer dort auf den Martplätzen dieser Welt und mit den Methoden und den Formen der jeweiligen Zeit. Deshalb verändert sie sich in ihren Ansätzen ständig – und bleibt immer neu kreativ. Der Glaube gehört an Orte wie Bahnhof und Arbeit, Internetforen und soziale Netzwerke, Kliniken und Freizeitkultuerzentren und Sportorte. Mission wird internationaler, digitaler, frischer, unkonventioneller, zielgruppenorientierter, mit mehr langem Atem, beziehungsorientierter, visualisierter, … Und sie wird vor allem eines – sie wird immer wieder darauf vertrauen, dass es nicht die Missionsmethode macht und auch nicht der Missionar oder die Missionarin – nicht einen Moment. Sondern dass Gott Türen öffnet – und wir uns vor allem darum bemühen sollten, nicht zu viele Türen zu den Herzen der Leute ständig zuzuschlagen. Und locker zu bleiben.
Gedanken der EKD
Als Kirche folgen wir Gottes Weg in die Welt und zu den Menschen (missio dei). Gott schenkt Versöhnung: Er hat in Christus die Welt (im griechischen Originaltext: ton kosmon) mit sich versöhnt (2 Kor 5,19). Wir leben aus der Kraft dieser Versöhnung und lassen uns hineinnehmen in Gottes „Mission“. Im Glauben an ihn können Christenmenschen sich selbst und andere annehmen. Alles, was die Kirche tut – geistlich, diakonisch und politisch –, soll die Hoffnung auf Gottes verändernde Wirklichkeit spiegeln. Wir laden andere ein, mit uns gemeinsam der Christusbindung, der Geistverheißung und dem Liebesgebot im Leben Raum zu geben. Wir tun, wozu uns die Liebe Gottes drängt, und setzen uns für die Schwachen, Ausgegrenzten, Verletzten und Bedrohten ein. Bei all dem nehmen wir die Herausforderung an, dazu die eigene Komfortzone zu verlassen.
Die evangelische Kirche kann in konkreten Notlagen immer nur beispielhaft und stellvertretend handeln. Weil die Ressourcen zurückgehen, wird sich kirchliches Engagement in Zukunft noch stärker situativ ausrichten und auf einzelne Problemlagen konzentrieren. Und es wird immer wichtiger, nach geeigneten Partnern aus der Zivilgesellschaft Ausschau zu halten und Themenkoalitionen einzugehen. Die Liebe zu den Menschen verbindet uns mit vielen; das Zeugnis für die Liebe Gottes macht unseren Dienst besonders. Wir öffnen bestehende kirchliche Strukturen für Kooperationen. Kirchengemeinden, Regionen und diakonische Einrichtungen richten ihre Aktivitäten zunehmend gemeinwesen- und sozialraumorientiert aus. Wo eine nachhaltige Abstimmung gelingt, werden wir eigene Angebote profilieren, konzentrieren und gegebenenfalls reduzieren.
Das Reformationsjubiläum hat gezeigt, wie durch Kooperationen neue Kontaktflächen und Allianzen entstehen. Sie werden lebendig in gemeinsamen Projekten, herausragenden Events und persönlichen Begegnungen. Im Zugehen auf andere wird die evangelische Kirche nicht nur ihrer eigenen Sendung gerecht. Sie findet Gehör und leistet einen wichtigen Beitrag in der Gesellschaft. Zugleich kommen Menschen in Berührung mit Glauben und christlicher Gemeinschaft.