Leitsatz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Wir alle sind EKD. Die Evangelische Kirche in Deutschland ist als Gemeinschaft der Gliedkirchen Kirche und wird in der Öffentlichkeit so wahrgenommen. Sie ist in Deutschland die Gemeinschaftsplattform für alle, die sich zur evangelischen Kirche zählen. Ihre Aufgabe ist nach innen die Stärkung und Vertiefung der Gemeinschaft unter den Landeskirchen und nach außen die gesamtkirchliche Vertretung auf nationaler und internationaler Ebene. Sie kann für alle Mitgliedskirchen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Anderes kann stellvertretend für alle von einzelnen Landeskirchen getragen werden. Wichtig ist, dass zukünftig dieselbe Aufgabe jeweils nur noch einmal gemacht wird – und dafür gut.
Meine Gedanken
1) Gesichtspunkte
Zunächst ein Blick in die Weite – die Ev. Kirche ist verwoben nicht nur im Bereich der einzelnen Landeskirchen. Sondern sie hat ihren Blick weltweit. Und freut sich mit denen, die sich freuen – und weint mit denen, die weinen. Sichtbares Zeichen dessen ist in unserer synodalen Arbeit – einzigartig in D – der jährliche Bericht über die Verfolgungssituationen weltweit und damit der Blick dafür, dass uns Jesus Christus weltweit verbindet. Die Ökumene der ACK ist hierfür ebenfalls ein ganz entscheidendes, sichtbares Zeichen.
Ein weiterer Aspekt, der Kirche weg von ihrem Inseldasein führt: die freien Werke und Verbände. Die Gemeinschaften und CVJMs, die Jugendverbände und Kommunitäten, die geistlichen Gemeinschaften und Missionswerke – sie alle tragen entscheidend dazu bei, dass wir nicht nur im eigenen Saft schwimmen, sondern den Reichtum des Miteinanders leben und erfahren.
Gemeinschaft in diesem Sinn ist ein Wert in sich, der wirkt und etwas zeigt – deshalb u.a. beten wir ja das Vaterunser und nicht das Vatermeiner. Es ist unser tägliches Brot, unsere Schuld und Vergebung, unsere Versuchung und Erlösung.
In diesem Sinn ist das Reich Gottes auch, bei aller Schönheit hier im Ländle, größer als Württemberg
2) Folgerungen
Was aber gibt es dann jetzt zu tun?
a) Die Schätze einbringen
Die Ev. Landeskirche in Württemberg hat verschiedenste Besonderheiten, die sie innerhalb der EKD mehr als besonders machen – nicht nur deshalb, weil sie in beiden Zusammenschlüssen der EKD-Verbünde nur Gastmitglied ist – sowohl bei der VELKD (lutherisch) als auch bei der unierten (UEK).
Sie speist sich aus der Innovationskraft des Pietismus: persönliche Bibelfrömmigkeit, Peergrouptreffen, praktischer Alltagsglaube und persönliche Lebensverbindung zu Christus, missionarische Aufgaben.
Außerdem hat sie einige weitere Einzigartigkeiten aufzuweisen, die sie für die EKD sehr interessant und manches an Schätzen einbringend machen: freie Werke und Verbände, vor allem in der Jugendarbeit, die ganz nach der sogenannten „Schwabenformel“ konstituiert ist: „Selbständig im Auftrag“. Ein hohes Maß an Kompetenz im Bereich des Digitalen. Universale Partnerschaften mit unendlich vielen Missionskirchen landauf landab – weltweit weg.
b) Mit gestalten
Diese Besonderheiten führen aber nicht dazu, dass wir uns aus der EKD ausklinken – im Gegenteil: wir bringen uns ein und gestalten mit, wo und wie wir können. Nicht nur mit unserem sehr, sehr umfangreichen finanziellen Engagement, sondern eben auch mit den großen diakonischen Themen, dem Ruf nach Mitgliederentwicklung, die aktiv dort und so angegangen wird, wo wir etwas tun können – und der Stärkung der Basis vor Ort und der Ehrenamtlichen. Und vielem mehr.
c) Selbstbewusst das Gemeinsame suchen
In diesem gemeinsamen Prozess suchen wir das, was uns miteinander weiterbringt, mit selbstbewusstem eigenem Standpunkt. Dazu gehört eine sehr intensive evangelische Sicht auf den bekenntnisorientierten Bildungsunterricht, eine große Liebe zu den ländlichen Räumen und eine große Zurückhaltung, Zahlmeister der EKD zu sein ohne Einfluss. Geld ist für uns kein Druckmittel als Württemberger, aber wir möchten auch nicht einfach nur zahlen, ohne den Kurs der EKD gemeinsam vor Gott geistlich mit zu bestimmen.
d) Nach außen wirken
Anstatt uns lange und intensiv darüber zu unterhalten, wie sehr die EKD für sich oder eben nur als Gemeinschaft und Verband der Kirchen abgeleitet Kirche ist und alle möglichen anderen nach innen gerichteten Themen rauf und runter zu besprechen, liegt mir daran, dass wir uns mit dem beschäftigen, was die Menschen heutzutage bewegt: Christ werden und bleiben, Seelsorge, diakonisches Engagement, Relevanz von Glaube in der Öffentlichkeit, gewinnende Verkündigung und vieles mehr. Das immer wieder miteinander anzugehen, ist unsere Aufgabe. Wir wirken, von innen her aus dem Wort Gottes und dem Bekenntnis zum Herrn Jesus Christus getragen, nach außen und verkündigen Jesus in Wort und Tat. Wie dies am gewinnendsten geschehen kann, das ist unser Anliegen.
e) Zusammenlegen
Und damit dies gut geschehen kann, braucht es auf Dauer auch auf der Ebene der Landeskirchen nicht überall alles. Institute und Aufgaben können gemeinsam an einem Ort bewältigt werden; Verbände werden gebildet – heut schon im Bereich der Diakonie. Morgen im Bereich der Pädagogik und dann auch der sonstigen Bildung und der Kirchenbezirksarbeit etc. Dies ist bei unserer württ. Landeskirche vor allem im Blick auf Baden der Fall (die wir aber als „kleinere“ Landeskirche auf keinen Fall verunsichern wollen). Und auch der weitere Süden und das Miteinander mit der EKM bleibt im Blick – denn es tut uns gut, Kirche auch aus anderen Blickwinkeln zu betrachten und gemeinsam zu sehen, wie wir die Herausforderungen angemessen angehen.
f) Flexibel bleiben
Wohin wird das Miteinander der EKD führen? Ich wünsche mir davon: mehr Frömmigkeit, weniger Verwechselbarkeit mit NGOs und deren Verlautbarungen, ohne deshalb weltfremd zu werden. Und im Blick auf Zusammenschlüsse und Delegation von Aufgaben Flexibilität – wer weiß, was noch alles nötig sein wird. Wir stehen auf festem Grund, und unser Blick geht in die Weite – den Gott, Du „stellst unsere Füße auf weiten Raum“.
Gedanken des EKD
Die evangelische Kirche steht vor einer doppelten Herausforderung. Wir werden flexibler und dynamischer handeln und müssen gleichzeitig Aufgaben konzentrieren und für Profilbildung sorgen. Dieses Spannungsverhältnis gilt es immer wieder neu auszutarieren.
Mit Blick auf das strukturelle Verhältnis zwischen der EKD als Gemeinschaft der Gliedkirchen und einzelnen oder mehreren Gliedkirchen sind beide Pole zu berücksichtigen. Das Verhältnis zwischen subsidiärer Eigenverantwortung der Gliedkirchen, der Funktion der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse und der Delegation von Aufgaben an die EKD soll nach dem Prinzip „Stärken stärken“ ausgestaltet werden. Wir wollen das Prinzip stellvertretenden Handelns stärken. Besonders dringlich ist dies bei den Themen Mitgliederservice, Öffentlichkeitsarbeit und digitale Infrastruktur. Wem konkrete Aufgaben übertragen sind, für den müssen auch die notwendigen Ressourcen bereitstehen, und er muss die entsprechenden Kompetenzen übertragen bekommen. Die EKD ist damit beauftragt, für die Gemeinschaft der Gliedkirchen zu handeln. Deswegen muss ihr Auftrag in Abstimmung mit den Transformations- und Zukunftsprozessen der Landeskirchen und gliedkirchlicher Zusammenschlüsse immer wieder neu ausgerichtet und justiert werden. An diesem Prozess beteiligt sich die EKD auch initiierend und vernetzend.
Die EKD übernimmt Funktionen, die den folgenden Kriterien entsprechen: a. Sie besitzen hohe Relevanz als Gemeinschaftsaufgabe für die Gliedkirchen; b. sie dienen der Mitgliederbindung, denn diese Aufgabe wird auf überregionaler Ebene immer wichtiger; c. sie schaffen Voraussetzungen dafür, dass die evangelische Kirche öffentlich präsent ist.
Vor diesem Hintergrund wollen wir Parallelstrukturen zwischen EKD, gliedkirchlichen Zusammenschlüssen und einzelnen Gliedkirchen sowie der Gliedkirchen untereinander abbauen. Es geht nicht um mehr Zentralismus, sondern um eine wechselseitige Stärkung. Manche Aufgaben kann eine Gliedkirche nur in ihrem eigenen Kontext erledigen. Die Gliedkirchen sind aufgefordert, mutig und vertrauensvoll Aufgaben, auf die das nicht zutrifft, an gemeinsame Akteure zu delegieren. Die EKD, aber auch einzelne Gliedkirchen können solche Akteure sein. Unser Ziel ist, spezifische Schwerpunkte und Kompetenzen in den Gliedkirchen zu benennen. Voraussetzung, um die Synergieeffekte zu nutzen, sind der Erfahrungsaustausch und die professionelle Vernetzung zwischen den Gliedkirchen. Hierfür bietet sich die EKD als Forum an.